Was für eine Entdeckung:
Eigentlich wollten wir in Banon, einem kleinen Dorf in der Haute-Provence, nur das Fest zu Ehren des gleichnamigen Ziegenkäses besuchen. (Er wird zur Reifung in Blätter von Esskastanien verpackt und mit Bast eingewickelt, diese Kastanienblätter verleihen ihm einen kräftig-nussigen Geschmack). Der "Fromage de Banon" ist eine große Spezialität.
Bei einer Wanderung durch das Dorf wurden wir auf eine Kunstausstellung neugierig, die gerade in der kleinen Kirche am höchsten Punkt des Ortes begonnen hatte: „Traces“. Gemälde und Radierungen eines Künstlerduos; Josée Tourette und Gabi Wagner...
Die „l’Eglise Haute“ in Banon ist wirklich ein sehr geeigneter Ort für Ausstellungen. Sie bietet große weiße Wandflächen, schönes Licht – und mit ihren farbigen Wandgemälden einen etwas „bröckeligen“ Charme.
Foto: Jörgen Kipp/ Castel Franc
Besonders angetan waren wir von Druckgrafiken, die Gabi Wagner hier präsentierte:
Foto: "Vinci_36", © Gabi Wagner
Foto: "Mouvement_2", © Gabi Wagner
Wie sich herausstellte, ist sie eine gebürtige Saarländerin, die schon seit zwanzig Jahren Marseille zu ihrer Wahlheimat gekürt hat und seitdem zwischen dieser und Saarbrücken pendelt.
Gabi Wagner ist Grafikerin – und Wahlfranzösin – aus Leidenschaft. Nach ihrem Studium an der FH Saarbrücken, das sie 1986 mit dem Diplom abschloss, folgten zwei Jahre der zusätzlichen Ausbildung an der École des Beaux-Arts in Marseille. Und hier, in der alten Stadt am Mittelmeer, betreibt sie seit mehreren Jahren eine eigene Druckwerkstatt.
Häufig anzutreffende Motive sind bei ihr z.B. Fische oder Muscheln – auch als Anspielung auf Marseille. Oder die Aufsicht eines Fischerbootes...
Foto: Vinci_5, ©: Gabi Wagner, Marseille
Foto: RTM_11, ©: Gabi Wagner, Marseille
Ihr künstlerisches Medium ist die Radierung; eine Technik, die im 15. Jahrhundert entstanden ist. Bei der „Kaltnadelradierung“ werden feine Linien mit einer harten Radiernadel direkt in eine weichere Druckplatte geritzt. Diese Vertiefungen nehmen später die Druckfarbe auf. Eine Variante der Technik bildet die Ätzradierung. Dazu wird die Druckplatte mit einer weicheren Abdeckschicht versehen, von welcher der Graveur dann einzelne Partien entfernt. Anschließend wird die Druckplatte in einem chemischen Verfahren geätzt, so dass sie Vertiefungen an den entfernten Stellen der Abdeckung erhält.
Während die klassische Radierung mit schwarzer Druckfarbe arbeitet, die nur Grautonstufen hervorbringt, faszinieren die Arbeiten von Gabi Wagner durch eine im wahrsten Sinn des Wortes vielschichtige (oft strahlend wirkende) Farbigkeit. Das Geheimnis liegt in der Überlagerung transparenter Druckschichten, welche die Künstlerin in verschiedener Weise auf den bearbeiteten Flächen verwendet. Bei vielen ihrer Arbeiten werden auch die Untergründe sehr variantenreich bearbeitet (übermalt und teilweise wieder abgeschliffen), um anschließend in einer der Radiertechniken bedruckt zu werden.
Die unterschiedliche Wirkung dieser verschiedenen Arbeitsweisen macht die Werke von Gabi Wagner außergewöhnlich und sehr interessant. Dazu kommt, dass den „Grund“ des Druckes bei ihr völlig unterschiedliche Trägermaterialien bilden. Dies können farbige Papiere jeglicher Art sein (etwa ein zu schwach geratener Computerausdruck) oder zufällige Fundstücke.
Einige dieser einzigartigen "Druckplatten" lassen ihre Herkunft noch erkennen...
Äußerst reizvoll war in diesem Zusammenhang eine Collage, in der Gabi Wagner ungefähr 1000 kleine Einzelradierungen zu einem großen Gesamtwerk arrangiert hat.
Foto: Castel Franc/ Provence (Jörgen KIpp)
Das Faszinierende dabei: Bei den kleinformatigen Druckträgern handelt es sich überwiegend um viele gebrauchte Parkscheine und andere kleine Dinge, welche Besucher der verschiedenen Parkhäuser von Marseille weggeworfen hatten. Eine ganz besondere Art des Recyclings also.
Foto: Castel Franc/ Provence (Jörgen KIpp)
In diesem Sinne bietet Gabi Wagner auch experimentelle Radierkurse in ihrem schönen Atelier in Marseille an. Als „Druckplatten“ dienen dann Plexiglasstücke, CD’s, Metallplatten und Tetra Paks. Diese werden nicht nur mit der klassischen Radiernadel bearbeitet, sondern z.B. mit der Bohrmaschine, mit Schleifpapier oder einem Schraubendreher.
Erlernt wird in ihren Kursen zudem die Technik des „Chine Collé“; des gleichzeitigen Druckens und Aufklebens eines dünnen Papiers auf das eigentliche Druckpapier.
Geeignet sind die Kurse auch für Einsteiger ohne Vorkenntnisse der Radiertechnik. Als einzige Voraussetzung sieht Gabi Wagner den Mut, sich auf etwas Neues einzulassen, und die Lust am Experimentieren. (Für alle Techniken werden übrigens nur ungiftige Produkte verwendet).
Ein sehr interessantes Angebot, mit dem sie ihren Urlaub zu einem besonderen Erlebnis machen können!
Welchen zeitlichen Aufwand sie betreiben wollen, bestimmen die Kursteilnehmer dabei selbst. Im Angebot sind Tageskurse, ein Wochenende und Wochenkurse (zu 3 Stunden oder 6 Stunden täglich, mit Preisen von 180 EUR bzw. 320 EUR).
Die Tageskurse kosten 70 EUR, ein Wochenende 120 EUR. Benötigtes Material ist dabei bereits inbegriffen!
Wochen-Sommerkurse für Juni und Juli 2014 sind fest geplant:
Zunächst beginnen zwei Kurse im Juni, 23. - 27.06. und 30.06 - 04.07.2014.
Im Juli geht es dann weiter vom 07. - 11.07. und vom 14. - 18.07.2014.
Zudem soll ein Wochenendkurs am 12./13.07 stattfinden.
INFOS:
Gabi Wagner
34 Rue Jean de Bernardy
13001 Marseille
Tel.: 0033 - (0)4.91.50.66.95
mob.: 06.48.18.60.27
email: gabiwagner [at] gmx [dot] net
• zur Webseite per Direktlink: Gabi Wagner
• für Kursanmeldungen per Direktlink: blogspot
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